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Polen
Prof. Dr. Andrzej Paczkowski
Instytut Studiów Politycznych Polskiej Akademii Nauk
Collegium Civitas, Warschau, Polen
» Geschichte u. Mitglieder | » Archiv. Überlieferung | » Literatur
Das Komitee für Landesverteidigung (Komitet Obrony Kraju) in den Jahren 1959-1991
Eine Institution, die auf höchster Ebene aus Vertretern der Streitkräfte und des zivilen Bereichs bestand, gehörte in der polnischen Staatstradition eher zu den Ausnahmen. Im unabhängigen Polen der Zwischenkriegszeit gab es zwar solche staatlichen Organe, aber deren Existenz waren jeweils nur von kurzer Dauer: Der Kriegsrat wirkte von 1921 bis 1923. Das am 25. Oktober 1926 ins Leben gerufene Komitee zur Verteidigung des Staates (Komitet Obrony Państwa) trat nur einmal zusammen. Das Komitee zur Verteidigung der Republik (KOR / Komitet Obrony Rzeczypolspolitej), gegründet am 9. Mai 1936, trat lediglich zweimal zusammen. Obwohl immer der Präsident an der Spitze dieser Institutionen stand, blieben grundlegende militärische und verteidigungspolitische Angelegenheiten in der Hand der Militärs: 1926 – 1935 wurden diese persönlich von Marschall Józef Piłsudski geführt und nach dessen Tod von Marschall Edward Rydz Śmigły.
Nach der Machtübernahme der Kommunisten 1944 wurde in den ersten Jahren keine dieser Vorkriegsinstitutionen wiederbelebt. Die Schlüsselentscheidungen zum Militär, darunter Personalentscheidungen, wurden vom Politbüro des ZK der kommunistischen Partei getroffen. Zunächst von der Polnischen Arbeiterpartei PAP (poln.: Polska Partia Robotnicza / PPR), ab Dezember 1948 von der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei PVAP (poln.: Polska Zjednoczona Partia Robotnicza / PZPR). Erst im Oktober 1948 hat das Politbüro eine Gruppe berufen, deren Aufgabe die Begutachtung von Projekten zur Aufrüstung und Organisation der Armee war. Im Mai 1949 entstand daraus die Militärkommission des Politbüros (Komisja Wojskowa Biura Politycznego / KWBP). Deren Mitglieder waren sowohl die Mitglieder des Politbüros, als auch die höchsten militärischen Führer (u. a. der Minister für Nationale Verteidigung und der Chef des Generalstabs). An der Spitze der Kommission stand Bolesław Bierut, der Vorsitzende und spätere Erste Sekretär des ZK. Die Kommission beschäftigte sich mit allen Schlüsselproblemen der Armee sowie den Beziehungen zwischen Armee und Volkswirtschaft. Diese Kommission tagte nichtöffentlich und wurde nie in irgendwelchen Rechtsakten festgeschrieben. Als Bierut 1952 Ministerpräsident wurde, übernahm ihre Rolle eine extra geschaffene Kommission der Regierung für Fragen der Nationalen Verteidigung, die hinsichtlich der personellen Zusammensetzung eigentlich mit der vorherigen Kommission identisch war. Als sich Bierut jedoch im Frühjahr 1954 auf seinen Posten als Erster Sekretär des ZK beschränkte, wurde die Kommission wiederum ein Organ der Politbüros, wobei Mitglieder diesmal nur die Mitglieder des Politbüros waren (darunter der Minister für Nationale Verteidigung und sowjetische Marschall Konstanty Rokossowski). Anderthalb Jahre später wurde die Kommission erneut zu einem Regierungsorgan gemacht, und zwar unter der Bezeichnung Komitee für Fragen der Landesverteidigung (Komitet do spraw Obrony Kraju / KOK). Formell entstand es auf der Grundlage eines gemeinsamen Beschlusses der Ministerrats und des Staatsrats, eines kollektiven Präsidialamtes, vom 21. Dezember 1955. Diese Institution war nur dem Namen nach „staatlich”, da ausschließlich Mitglieder des Politbüros darin vertreten waren und Vorsitzender der unersetzliche Bierut war, der damals keine Staatsfunktion innehatte. Aufgrund einer Reihe von Ereignissen im Jahr 1956 (XX. Parteitag der KPdSU, Tod Bieruts und Entfernung einiger seiner engsten Mitarbeiter aus der Parteiführung, Rückkehr des im Jahre 1948 abgesetzten Władysław Gomułka auf den Postens des Ersten Sekretärs, von Polen betriebene Ausreise Marschall Rokossowskis und der sowjetischen Offiziere zurück in die UdSSR, die seit 1950 die wichtigsten Führungspositionen bei den Polnischen Streitkräften besetzt hatten) kam es zu keiner regelmäßigen Aufnahme der Tätigkeit des Komitees und so wurde es im November 1957 formell aufgelöst. In dieser Zeit wurden die wichtigen Entscheidungen in militärischen Angelegenheiten direkt vom Politbüro getroffen.
Erst im Dezember 1958, als sich die Situation im Land und in der kommunistischen Partei stabilisiert hatte, schlug Gomułka die Wiederaufnahme der Tätigkeit des KOK vor. Das erfolgte mit dem Beschluss der Ministerrats vom 18. Februar 1959, der das Komitee als Staatsorgan wieder etablierte. Von diesem Zeitpunkt an arbeitete diese Institution über 30 Jahre ohne jede Unterbrechung. Wie beschlossen, stand der Ministerpräsident an der Spitze des KOK; bis Dezember 1970 war das Józef Cyrankiewicz, später Piotr Jaroszewicz und 1981 – 1985 General Wojciech Jaruzelski. Zwei stellvertretende Ministerpräsidenten, denen Wirtschaftsressorts unterstanden, der Vorsitzende der Planungskommission beim Ministerrat sowie der Minister für Nationale Verteidigung und der Innenminister waren Mitglied des Komitees. 1961 kam der Erste Sekretär des ZK, der in der Parteiführung für militärische Fragen verantwortlich war, zum KOK hinzu. Die organisatorische Stütze war der Generalstab (Sztab Generalny /SG). In ihm wurde eine Gruppe aus Offizieren gebildet, die für das KOK arbeitete. Geführt wurde sie vom Sekretär des Komitees und das war von Amts wegen der Chef des Generalstabs. Die Struktur des KOK wurde relativ schnell erweitert und umfasste in Anlehnung an die in den Ministerien bestehenden Militärabteilungen fast alle Ressorts der zentralen staatlichen Verwaltung, das Schulwesen eingeschlossen. 1962 gab es bereits 10 Abteilungen des Komitees: die Abteilung Militär (Leiter war der Minister für Nationale Verteidigung), Politik (an der Spitze stand der zuständige Sekretär des ZK), Inneres (mit dem Innenminister) Planung und Wirtschaft, Bevölkerungsschutz, Verkehr, Versorgung (an der Spitze standen die zuständigen stellvertretenden Ministerpräsidenten), Schulwesen und Wissenschaft (geleitet vom zuständigen Sekretär des ZK) sowie Ausland (Leiter war der Außenminister). Teilweise waren die Leiter entweder Mitglied des Politbüros oder Sekretär des ZK. Die wichtigste Person im Staat, der Erste Sekretär des ZK (bis 1970 Gomułka, später Edward Gierek) war zwar nicht Mitglied des Komitees, die Beschlüsse in wichtigen Angelegenheiten wurden allerdings ohnehin vom Politbüro getroffen. Die entsprechenden territorialen Organe des KOK wurden in Gestalt der Wojewodschaftsverteidigungskomitees (Wojewódzki Komitet Obrony / WKO) geschaffen, an deren Spitze die Vorsitzenden der Nationalräte der Wojewodschaften standen. Wie aus dieser Struktur ersichtlich ist, bestand die Hauptaufgabe des KOK nicht nur darin, als übergeordnete Instanz über dem Militär zu fungieren, sondern vor allem in der Vorbereitung des Staates und der Gesellschaft auf den Kriegsfall, womit auch die Schaffung des Postens des stellvertretenden Ministers für Nationale Verteidigung mit Zuständigkeit für die Territorialverteidigung des Landes, später Zivilverteidigung, verbunden war.
Am 21. November 1967 hat der Sejm das Gesetz „Über die allgemeine Pflicht zur Verteidigung der Volksrepublik Polen” („O powszechnym obowiązku obrony Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej”) beschlossen, das die Rechtsgrundlage für die Reorganisation des KOK wurde, vor allem aber für den Ausbau verschiedener Einrichtungen der territorialen Landesverteidigung. Kraft dieses Gesetzes wurden u. a. lokale Verteidigungskomitees auf Kreis-, Stadt- und Gemeindeebene geschaffen, bis hin auf die Ebene größerer Betriebe und staatlicher Institutionen, in denen betriebliche Verteidigungskomitees entstanden. Nachdem das Gesetz angenommen war, wurden die Strukturen des Komitees selbst etwas verändert, das von da an aus dem Vorsitzenden (von Amts wegen der Ministerpräsident) und drei Stellvertretern bestand - einem für Fragen der Streitkräfte und der strategischen Verteidigungsplanung (Minister für Nationale Verteidigung), einem für verteidigungspolitische Fragen (Sekretär des ZK zuständig für die Kontrolle der Streitkräfte) und schließlich einem für Verteidigungswirtschaft (Sekretär des ZK für Wirtschaftskontrolle). Mitglieder waren der Innen- und der Außenminister sowie der Sekretär des KOK, der zugleich stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung mit Zuständigkeit für die territoriale Landesverteidigung war. Mit der Zeit wurde diese Zusammensetzung u. a. um die stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Zuständigkeit für die verschiedenen Wirtschaftsressorts ergänzt. Fast alle Mitglieder des KOK waren gleichzeitig Mitglied des Politbüros oder des Sekretariats des ZK der kommunistischen Partei. Es wurden die Abteilungen reduziert, so dass nur die Abteilung Verteidigungspolitik, die Abteilung Verteidigungswirtschaft, die Abteilung Schutz und Versorgung der Bevölkerung, die Abteilung Inneres, die Abteilung Verkehr sowie die Abteilung Ausland (das war einfach das Außenministerium). Man hielt also an dem Grundsatz fest, dass das Komitee sich mit allem beschäftigt, was direkt mit Verteidigungsmaßnahmen zu tun hat, genauer: einfach mit dem militärischen Einsatz, da die Militärdoktrin des Warschauer Vertrages, die für Polen bindend war, eher offensiven denn defensiven Charakter hatte. Trotz allem blieben die Militärs die wichtigsten Personen im KOK: der Minister für Nationale Verteidigung (gleichzeitig Mitglied des Politbüros) sowie der Sekretär des Komitees, der das Sekretariat des KOK leitete. Grundlegende Entscheidungen, zu denen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Nomenklatura auch Personalentscheidungen gehörten, fielen unverändert auf den Sitzungen des Politbüros.
Das KOK hatte koordinierende Funktion im Bereich der Streitkräfte und in Verteidigungsfragen u. a. mittels der militärischen Abteilungen in den zivilen Ministerien und solcher Organe des Ministerrates wie des Komitees der Verteidigungsindustrie (Komitet Przemysłu Obronnego) oder auch des mächtigen Planungskomitees (Komitet Planowania), in dem es eine eigene militärische Zelle (Zespół Wojskowy) gab, die sich mit der Wirtschaftsplanung der Produktion für die Streitkräfte und für Verteidigungszwecke beschäftigte. Die Entwürfe von Beschlüssen, die auf der Ebene des Ministeriums und der Regierung gefasst wurden, mussten vom KOK oder vom Sekretariat des KOK begutachtet werden. Im Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit, die mit den Streitkräften und mit der Verteidigungsfähigkeit zusammenhing, war Polen an den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) und den Warschauer Vertrag gebunden. Bereits in der ersten Sitzung des KOK am 14. Mai 1959 wurden die sowjetischen Vorschläge zur Koordination der Mobilmachungspläne der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten akzeptiert. Das Forum für ihre Abstimmung war die Ständige Kommission für Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrie des RGW (Stała Komisja Współpracy Przemysłu Obronnego).
Ein wichtiger Arbeitsbereich des Komitees war die Zivilverteidigung, darunter die Flugabwehr, die Wehrausbildung (angefangen bei den Mittelschulen bis hin zu den Betrieben), die Führung und die Leitung auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung, der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens für den Kriegsfall. Das wurde allgemein als „außermilitärischer Teil des staatlichen Verteidigungssystems“ (pozamilitarna część systemu obronnego państwa) bezeichnet. In diesem Bereich erfüllte das KOK nicht nur die Funktion, Normen festzulegen und allgemein zu kontrollieren, sondern u. a. auch Übungen zu organisieren. Die größte Übung fand im April 1973 unter der Bezeichnung „Kraj” (poln. für „Land“ bzw. „Heimatland“) statt. Der Inhalt der Übung war „Die Tätigkeit der zentralen und dezentralen Führungs- und Leitungsorgane sowie der Streitkräfte in der Phase der Bedrohung der Sicherheit des Staates und im Kriegsfall“. In der formellen Übungsleitung befand sich die gesamte enge Führungsmannschaft mit dem Ersten Sekretär des ZK an der Spitze. Den Übungsstab hingegen leitete der Sekretär des KOK, General Tadeusz Tuczapski. An lokalen Übungen und Ausbildungsveranstaltungen wurden Hunderte durchgeführt. Allein in den Jahren 1976/77 nahmen über 700.000 Personen daran teil.
Das wahre „Hirn” des KOK war, ohne seinen formellen Mitgliedern zu nahe zu treten zu wollen, das Sekretariat des Komitees, das seit 1969 aus den Strukturen des Generalstabs hervorgegangen ist. Ende der 60er Jahre hatte das Sekretariat 60 Dienstposten für Offiziere und 22 für zivile Mitarbeiter. Anfangs gehörten zur Organisation u. a. das Rechtsbüro, das Büro Verteidigungsplanung, das Büro Organisation und Mobilmachung und das Büro Wehrausbildung. In den 70er Jahren unterlag die Organisation mehrmals Veränderungen, die hauptsächlich auf der Teilung der Büros in kleinere Einheiten beruhte. Ein wichtiges Element der Tätigkeit des Sekretariats war die Veröffentlichung des „Bulletins des KOK“ („Biuletyn KOK“) in dem die verteidigungsrelevanten Normativakte aller zentralen und führenden Institutionen der staatlichen Verwaltung herausgegeben wurden, den Ministerrat eingeschlossen. Tatsächlich wurden aber fast alle Normativakte auf diesem Gebiet, jedenfalls alle, die von größerer Bedeutung waren, vom Sekretariat des KOK begutachtet und kontrolliert.
Bis Ende der 70er Jahre hat sich das KOK weniger mit der inneren Sicherheit des Landes, als vielmehr mit der Vorbereitung auf den Kriegsfall beschäftigt. Trotzdem fanden die Probleme des Innenressorts das Interesse des Komitees, das in diesem Bereich viele verschiedene Entscheidungen getroffen hat. In der am 19. Oktober 1978 novellierten Militärdoktrin fand sich bereits eine solche Bezeichnung wie „Verbrechen politischer Natur”, was auf die Beunruhigung der Behörden wegen der entstandenen organisierten politischen Opposition zurückging. Mitte Juli 1980, in der Zeit der anschwellenden große Streikwelle, sichtete hat das Sekretariat des KOK die geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der öffentlichen Ordnung und erhielt zwei Monate später den Befehl zur Einleitung von Tätigkeiten zur Einführung des Kriegszustandes. Vor dem Forum des Komitees wurde diese Tatsache das erste Mal am 12. November 1980 angesprochen. Das KOK, genauer gesagt das Sekretariat des KOK, wurde der entscheidende Ort für die Maßnahmen zur Einführung des Kriegszustandes, sowohl hinsichtlich der Koordination des Vorgehens der Ministerien und der zentralen Organe von Staat und Armee, wie auch in erster Line hinsichtlich der Arbeiten an der normativen, d. h. rechtlichen Seite. Auf den folgenden Sitzungen des KOK, u. a. am 23. Januar, 19. Juni und 13. September 1981, wurde über den Stand der Vorbereitungen gesprochen. Auf der Sitzung am 13. September, auf der der Erste Sekretär des ZK Stanisław Kania als Gast teilnahm (fünf Wochen später verlor er seinen Posten an den Ministerpräsidenten und Minister für Nationale Verteidigung General Wojciech Jaruzelski) wurde festgestellt, dass die grundlegenden Arbeiten abgeschlossen wären. Eine Zeitlang wurde auch in Betracht gezogen, nach Einführung des Kriegszustandes ihn der Leitung durch den KOK zu überlassen, womit dieser de facto zum höchsten Machtorgan geworden wäre. Aus ungeklärten Gründen wurde dieser Plan aufgegeben, und am 13. Dezember 1981 wurde der nach damaligem geltendem Recht selbstberufene Militärrat zur Nationalen Rettung (Wojskowa Rada Ocelania Narodowego) eingesetzt, dessen Führung General Jaruzelski übernahm, der seit acht Monaten Ministerpräsident war, also von Amts wegen Vorsitzender des KOK. In den letzten Tagen vor dem 13. Dezember traf das KOK eine Reihe für das Funktionieren des Kriegszustands wesentlicher. So hat es u. a. die Militarisierung eines Teils der Volkswirtschaft beschlossen und Kommissare des KOK für alle wichtigen Institutionen auf zentraler und auf Wojewodschaftsebene sowie für die größeren Industriebetriebe und Institutionen, wie z. B. Universitäten, ernannt. Die Rolle des KOK während des Kriegszustands, d. h. bis zum 22. Juli 1983, war beschränkt, weil im Bereich der Exekutive sofort das sogenannte Direktoriat, ein von Jaruzelski ausgewählter Personenkreis, darunter drei Generäle, das Land regiert hat. Später hat das Politbüro des ZK seine Bedeutung zurückerlangt.
Eine wesentliche institutionelle Veränderung wurde nach der Unterzeichnung der am Runden Tisch ausgehandelten Abkommen eingeführt, da u. a. die Schaffung des Amtes eines Präsidenten der VRP vereinbart wurde. In Übereinstimmung mit der am 7. April 1989 geänderten Verfassung war der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte und gleichzeitig Vorsitzender des KOK. Mitte Juli wählte die Nationalversammlung (Zgromadzenie Narodowe) General Jaruzelski zum Präsidenten, der mit einem Erlass am 4. Oktober den Kreis der Mitglieder des KOK u. a. um den Chef der Präsidialkanzlei, die Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und des Innenministers, den Minister für Verkehr, Schifffahrt und Fernmeldewesen erweiterte. Das führte dazu, dass die Proportion zwischen den Vertretern der im Untergang begriffenen PVAP und denen der „Solidarność” im KOK völlig anders war als in der Regierung, an deren Spitze Tadeusz Mazowiecki stand, der während des Kriegszustands im Gefängnis war. Möglicherweise wollte General Jaruzelski aus dem KOK eine Art „Brückenkopf“ für ihm gegenüber loyale Politiker machen, ähnlich wie er das mit der Erweiterung der Präsidialkanzlei getan hat. Trotzdem waren die Veränderungen der Gesellschaftsordnung nicht mehr aufzuhalten. Zeichen dafür war nicht nur die Teilnahme derer, die noch vor kurzem „Staatsfeinde“ waren, an den Sitzungen des KOK, sondern auch die Bestätigung der „Verteidigungsdoktrin der Republik Polen“ vom 21. Februar 1990, die die aus dem Jahre 1985 stammenden „Grundlegenden Verteidigungsrichtlinien der VRP” („Węzłowe założenia obronne PRL”) ersetzte. Eine definitive Reform des KOK erfolgte jedoch erst nach dem Sieg Lech Wałęsas in den Präsidentschaftswahlen. Mit der Verordnung vom 31. Januar 1991 wurde das Sekretariat des KOK aufgelöst, an seine Stelle trat ein ziviles Büro der Nationalen Sicherheit (Biuro Bezpieczeństwa Narodowego), dass bei der Präsidialkanzlei angesiedelt wurde.
Man kann wohl sagen, dass das KOK seine Glanzzeit, also seine reale Bedeutung im Leben des Staates, in der Zeit zwischen 1967 und 1981 hatte, obwohl es als Koordinierungsorgan für Verteidigungsangelegenheiten noch 1989 aktiv war. Zuweilen sollten die Pressemitteilungen von den Sitzungen des Komitees die Gesellschaft und die Opposition einschüchtern. So kann man die Mitteilungen über die Sitzungen des KOK vom 20. August 1988 verstehen, als die Streikwelle anwuchs, oder vom 20. Mai 1989, zwei Wochen vor den für Polen entscheidenden Parlamentswahlen. Im Prinzip war das KOK eine Militär-, Regierungs- und Parteiinstitution. Wenn man aber bedenkt, dass die meisten Vertreter von Militär und Regierung gleichzeitig den höchsten Gremien der PVAP angehörten, kann man sagen, dass das Komitee eher ein Instrument in den Händen der kommunistischen Partei denn eine professionelle staatliche Institution war.
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Das Komitee für Landesverteidigung (Komitet Obrony Kraju) in den Jahren 1959-1991
Eine Institution, die auf höchster Ebene aus Vertretern der Streitkräfte und des zivilen Bereichs bestand, gehörte in der polnischen Staatstradition eher zu den Ausnahmen. Im unabhängigen Polen der Zwischenkriegszeit gab es zwar solche staatlichen Organe, aber deren Existenz waren jeweils nur von kurzer Dauer: Der Kriegsrat wirkte von 1921 bis 1923. Das am 25. Oktober 1926 ins Leben gerufene Komitee zur Verteidigung des Staates (Komitet Obrony Państwa) trat nur einmal zusammen. Das Komitee zur Verteidigung der Republik (KOR / Komitet Obrony Rzeczypolspolitej), gegründet am 9. Mai 1936, trat lediglich zweimal zusammen. Obwohl immer der Präsident an der Spitze dieser Institutionen stand, blieben grundlegende militärische und verteidigungspolitische Angelegenheiten in der Hand der Militärs: 1926 – 1935 wurden diese persönlich von Marschall Józef Piłsudski geführt und nach dessen Tod von Marschall Edward Rydz Śmigły.
Nach der Machtübernahme der Kommunisten 1944 wurde in den ersten Jahren keine dieser Vorkriegsinstitutionen wiederbelebt. Die Schlüsselentscheidungen zum Militär, darunter Personalentscheidungen, wurden vom Politbüro des ZK der kommunistischen Partei getroffen. Zunächst von der Polnischen Arbeiterpartei PAP (poln.: Polska Partia Robotnicza / PPR), ab Dezember 1948 von der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei PVAP (poln.: Polska Zjednoczona Partia Robotnicza / PZPR). Erst im Oktober 1948 hat das Politbüro eine Gruppe berufen, deren Aufgabe die Begutachtung von Projekten zur Aufrüstung und Organisation der Armee war. Im Mai 1949 entstand daraus die Militärkommission des Politbüros (Komisja Wojskowa Biura Politycznego / KWBP). Deren Mitglieder waren sowohl die Mitglieder des Politbüros, als auch die höchsten militärischen Führer (u. a. der Minister für Nationale Verteidigung und der Chef des Generalstabs). An der Spitze der Kommission stand Bolesław Bierut, der Vorsitzende und spätere Erste Sekretär des ZK. Die Kommission beschäftigte sich mit allen Schlüsselproblemen der Armee sowie den Beziehungen zwischen Armee und Volkswirtschaft. Diese Kommission tagte nichtöffentlich und wurde nie in irgendwelchen Rechtsakten festgeschrieben. Als Bierut 1952 Ministerpräsident wurde, übernahm ihre Rolle eine extra geschaffene Kommission der Regierung für Fragen der Nationalen Verteidigung, die hinsichtlich der personellen Zusammensetzung eigentlich mit der vorherigen Kommission identisch war. Als sich Bierut jedoch im Frühjahr 1954 auf seinen Posten als Erster Sekretär des ZK beschränkte, wurde die Kommission wiederum ein Organ der Politbüros, wobei Mitglieder diesmal nur die Mitglieder des Politbüros waren (darunter der Minister für Nationale Verteidigung und sowjetische Marschall Konstanty Rokossowski). Anderthalb Jahre später wurde die Kommission erneut zu einem Regierungsorgan gemacht, und zwar unter der Bezeichnung Komitee für Fragen der Landesverteidigung (Komitet do spraw Obrony Kraju / KOK). Formell entstand es auf der Grundlage eines gemeinsamen Beschlusses der Ministerrats und des Staatsrats, eines kollektiven Präsidialamtes, vom 21. Dezember 1955. Diese Institution war nur dem Namen nach „staatlich”, da ausschließlich Mitglieder des Politbüros darin vertreten waren und Vorsitzender der unersetzliche Bierut war, der damals keine Staatsfunktion innehatte. Aufgrund einer Reihe von Ereignissen im Jahr 1956 (XX. Parteitag der KPdSU, Tod Bieruts und Entfernung einiger seiner engsten Mitarbeiter aus der Parteiführung, Rückkehr des im Jahre 1948 abgesetzten Władysław Gomułka auf den Postens des Ersten Sekretärs, von Polen betriebene Ausreise Marschall Rokossowskis und der sowjetischen Offiziere zurück in die UdSSR, die seit 1950 die wichtigsten Führungspositionen bei den Polnischen Streitkräften besetzt hatten) kam es zu keiner regelmäßigen Aufnahme der Tätigkeit des Komitees und so wurde es im November 1957 formell aufgelöst. In dieser Zeit wurden die wichtigen Entscheidungen in militärischen Angelegenheiten direkt vom Politbüro getroffen.
Erst im Dezember 1958, als sich die Situation im Land und in der kommunistischen Partei stabilisiert hatte, schlug Gomułka die Wiederaufnahme der Tätigkeit des KOK vor. Das erfolgte mit dem Beschluss der Ministerrats vom 18. Februar 1959, der das Komitee als Staatsorgan wieder etablierte. Von diesem Zeitpunkt an arbeitete diese Institution über 30 Jahre ohne jede Unterbrechung. Wie beschlossen, stand der Ministerpräsident an der Spitze des KOK; bis Dezember 1970 war das Józef Cyrankiewicz, später Piotr Jaroszewicz und 1981 – 1985 General Wojciech Jaruzelski. Zwei stellvertretende Ministerpräsidenten, denen Wirtschaftsressorts unterstanden, der Vorsitzende der Planungskommission beim Ministerrat sowie der Minister für Nationale Verteidigung und der Innenminister waren Mitglied des Komitees. 1961 kam der Erste Sekretär des ZK, der in der Parteiführung für militärische Fragen verantwortlich war, zum KOK hinzu. Die organisatorische Stütze war der Generalstab (Sztab Generalny /SG). In ihm wurde eine Gruppe aus Offizieren gebildet, die für das KOK arbeitete. Geführt wurde sie vom Sekretär des Komitees und das war von Amts wegen der Chef des Generalstabs. Die Struktur des KOK wurde relativ schnell erweitert und umfasste in Anlehnung an die in den Ministerien bestehenden Militärabteilungen fast alle Ressorts der zentralen staatlichen Verwaltung, das Schulwesen eingeschlossen. 1962 gab es bereits 10 Abteilungen des Komitees: die Abteilung Militär (Leiter war der Minister für Nationale Verteidigung), Politik (an der Spitze stand der zuständige Sekretär des ZK), Inneres (mit dem Innenminister) Planung und Wirtschaft, Bevölkerungsschutz, Verkehr, Versorgung (an der Spitze standen die zuständigen stellvertretenden Ministerpräsidenten), Schulwesen und Wissenschaft (geleitet vom zuständigen Sekretär des ZK) sowie Ausland (Leiter war der Außenminister). Teilweise waren die Leiter entweder Mitglied des Politbüros oder Sekretär des ZK. Die wichtigste Person im Staat, der Erste Sekretär des ZK (bis 1970 Gomułka, später Edward Gierek) war zwar nicht Mitglied des Komitees, die Beschlüsse in wichtigen Angelegenheiten wurden allerdings ohnehin vom Politbüro getroffen. Die entsprechenden territorialen Organe des KOK wurden in Gestalt der Wojewodschaftsverteidigungskomitees (Wojewódzki Komitet Obrony / WKO) geschaffen, an deren Spitze die Vorsitzenden der Nationalräte der Wojewodschaften standen. Wie aus dieser Struktur ersichtlich ist, bestand die Hauptaufgabe des KOK nicht nur darin, als übergeordnete Instanz über dem Militär zu fungieren, sondern vor allem in der Vorbereitung des Staates und der Gesellschaft auf den Kriegsfall, womit auch die Schaffung des Postens des stellvertretenden Ministers für Nationale Verteidigung mit Zuständigkeit für die Territorialverteidigung des Landes, später Zivilverteidigung, verbunden war.
Am 21. November 1967 hat der Sejm das Gesetz „Über die allgemeine Pflicht zur Verteidigung der Volksrepublik Polen” („O powszechnym obowiązku obrony Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej”) beschlossen, das die Rechtsgrundlage für die Reorganisation des KOK wurde, vor allem aber für den Ausbau verschiedener Einrichtungen der territorialen Landesverteidigung. Kraft dieses Gesetzes wurden u. a. lokale Verteidigungskomitees auf Kreis-, Stadt- und Gemeindeebene geschaffen, bis hin auf die Ebene größerer Betriebe und staatlicher Institutionen, in denen betriebliche Verteidigungskomitees entstanden. Nachdem das Gesetz angenommen war, wurden die Strukturen des Komitees selbst etwas verändert, das von da an aus dem Vorsitzenden (von Amts wegen der Ministerpräsident) und drei Stellvertretern bestand - einem für Fragen der Streitkräfte und der strategischen Verteidigungsplanung (Minister für Nationale Verteidigung), einem für verteidigungspolitische Fragen (Sekretär des ZK zuständig für die Kontrolle der Streitkräfte) und schließlich einem für Verteidigungswirtschaft (Sekretär des ZK für Wirtschaftskontrolle). Mitglieder waren der Innen- und der Außenminister sowie der Sekretär des KOK, der zugleich stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung mit Zuständigkeit für die territoriale Landesverteidigung war. Mit der Zeit wurde diese Zusammensetzung u. a. um die stellvertretenden Ministerpräsidenten mit Zuständigkeit für die verschiedenen Wirtschaftsressorts ergänzt. Fast alle Mitglieder des KOK waren gleichzeitig Mitglied des Politbüros oder des Sekretariats des ZK der kommunistischen Partei. Es wurden die Abteilungen reduziert, so dass nur die Abteilung Verteidigungspolitik, die Abteilung Verteidigungswirtschaft, die Abteilung Schutz und Versorgung der Bevölkerung, die Abteilung Inneres, die Abteilung Verkehr sowie die Abteilung Ausland (das war einfach das Außenministerium). Man hielt also an dem Grundsatz fest, dass das Komitee sich mit allem beschäftigt, was direkt mit Verteidigungsmaßnahmen zu tun hat, genauer: einfach mit dem militärischen Einsatz, da die Militärdoktrin des Warschauer Vertrages, die für Polen bindend war, eher offensiven denn defensiven Charakter hatte. Trotz allem blieben die Militärs die wichtigsten Personen im KOK: der Minister für Nationale Verteidigung (gleichzeitig Mitglied des Politbüros) sowie der Sekretär des Komitees, der das Sekretariat des KOK leitete. Grundlegende Entscheidungen, zu denen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Nomenklatura auch Personalentscheidungen gehörten, fielen unverändert auf den Sitzungen des Politbüros.
Das KOK hatte koordinierende Funktion im Bereich der Streitkräfte und in Verteidigungsfragen u. a. mittels der militärischen Abteilungen in den zivilen Ministerien und solcher Organe des Ministerrates wie des Komitees der Verteidigungsindustrie (Komitet Przemysłu Obronnego) oder auch des mächtigen Planungskomitees (Komitet Planowania), in dem es eine eigene militärische Zelle (Zespół Wojskowy) gab, die sich mit der Wirtschaftsplanung der Produktion für die Streitkräfte und für Verteidigungszwecke beschäftigte. Die Entwürfe von Beschlüssen, die auf der Ebene des Ministeriums und der Regierung gefasst wurden, mussten vom KOK oder vom Sekretariat des KOK begutachtet werden. Im Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit, die mit den Streitkräften und mit der Verteidigungsfähigkeit zusammenhing, war Polen an den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) und den Warschauer Vertrag gebunden. Bereits in der ersten Sitzung des KOK am 14. Mai 1959 wurden die sowjetischen Vorschläge zur Koordination der Mobilmachungspläne der Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten akzeptiert. Das Forum für ihre Abstimmung war die Ständige Kommission für Zusammenarbeit der Verteidigungsindustrie des RGW (Stała Komisja Współpracy Przemysłu Obronnego).
Ein wichtiger Arbeitsbereich des Komitees war die Zivilverteidigung, darunter die Flugabwehr, die Wehrausbildung (angefangen bei den Mittelschulen bis hin zu den Betrieben), die Führung und die Leitung auf allen Ebenen der staatlichen Verwaltung, der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens für den Kriegsfall. Das wurde allgemein als „außermilitärischer Teil des staatlichen Verteidigungssystems“ (pozamilitarna część systemu obronnego państwa) bezeichnet. In diesem Bereich erfüllte das KOK nicht nur die Funktion, Normen festzulegen und allgemein zu kontrollieren, sondern u. a. auch Übungen zu organisieren. Die größte Übung fand im April 1973 unter der Bezeichnung „Kraj” (poln. für „Land“ bzw. „Heimatland“) statt. Der Inhalt der Übung war „Die Tätigkeit der zentralen und dezentralen Führungs- und Leitungsorgane sowie der Streitkräfte in der Phase der Bedrohung der Sicherheit des Staates und im Kriegsfall“. In der formellen Übungsleitung befand sich die gesamte enge Führungsmannschaft mit dem Ersten Sekretär des ZK an der Spitze. Den Übungsstab hingegen leitete der Sekretär des KOK, General Tadeusz Tuczapski. An lokalen Übungen und Ausbildungsveranstaltungen wurden Hunderte durchgeführt. Allein in den Jahren 1976/77 nahmen über 700.000 Personen daran teil.
Das wahre „Hirn” des KOK war, ohne seinen formellen Mitgliedern zu nahe zu treten zu wollen, das Sekretariat des Komitees, das seit 1969 aus den Strukturen des Generalstabs hervorgegangen ist. Ende der 60er Jahre hatte das Sekretariat 60 Dienstposten für Offiziere und 22 für zivile Mitarbeiter. Anfangs gehörten zur Organisation u. a. das Rechtsbüro, das Büro Verteidigungsplanung, das Büro Organisation und Mobilmachung und das Büro Wehrausbildung. In den 70er Jahren unterlag die Organisation mehrmals Veränderungen, die hauptsächlich auf der Teilung der Büros in kleinere Einheiten beruhte. Ein wichtiges Element der Tätigkeit des Sekretariats war die Veröffentlichung des „Bulletins des KOK“ („Biuletyn KOK“) in dem die verteidigungsrelevanten Normativakte aller zentralen und führenden Institutionen der staatlichen Verwaltung herausgegeben wurden, den Ministerrat eingeschlossen. Tatsächlich wurden aber fast alle Normativakte auf diesem Gebiet, jedenfalls alle, die von größerer Bedeutung waren, vom Sekretariat des KOK begutachtet und kontrolliert.
Bis Ende der 70er Jahre hat sich das KOK weniger mit der inneren Sicherheit des Landes, als vielmehr mit der Vorbereitung auf den Kriegsfall beschäftigt. Trotzdem fanden die Probleme des Innenressorts das Interesse des Komitees, das in diesem Bereich viele verschiedene Entscheidungen getroffen hat. In der am 19. Oktober 1978 novellierten Militärdoktrin fand sich bereits eine solche Bezeichnung wie „Verbrechen politischer Natur”, was auf die Beunruhigung der Behörden wegen der entstandenen organisierten politischen Opposition zurückging. Mitte Juli 1980, in der Zeit der anschwellenden große Streikwelle, sichtete hat das Sekretariat des KOK die geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz der öffentlichen Ordnung und erhielt zwei Monate später den Befehl zur Einleitung von Tätigkeiten zur Einführung des Kriegszustandes. Vor dem Forum des Komitees wurde diese Tatsache das erste Mal am 12. November 1980 angesprochen. Das KOK, genauer gesagt das Sekretariat des KOK, wurde der entscheidende Ort für die Maßnahmen zur Einführung des Kriegszustandes, sowohl hinsichtlich der Koordination des Vorgehens der Ministerien und der zentralen Organe von Staat und Armee, wie auch in erster Line hinsichtlich der Arbeiten an der normativen, d. h. rechtlichen Seite. Auf den folgenden Sitzungen des KOK, u. a. am 23. Januar, 19. Juni und 13. September 1981, wurde über den Stand der Vorbereitungen gesprochen. Auf der Sitzung am 13. September, auf der der Erste Sekretär des ZK Stanisław Kania als Gast teilnahm (fünf Wochen später verlor er seinen Posten an den Ministerpräsidenten und Minister für Nationale Verteidigung General Wojciech Jaruzelski) wurde festgestellt, dass die grundlegenden Arbeiten abgeschlossen wären. Eine Zeitlang wurde auch in Betracht gezogen, nach Einführung des Kriegszustandes ihn der Leitung durch den KOK zu überlassen, womit dieser de facto zum höchsten Machtorgan geworden wäre. Aus ungeklärten Gründen wurde dieser Plan aufgegeben, und am 13. Dezember 1981 wurde der nach damaligem geltendem Recht selbstberufene Militärrat zur Nationalen Rettung (Wojskowa Rada Ocelania Narodowego) eingesetzt, dessen Führung General Jaruzelski übernahm, der seit acht Monaten Ministerpräsident war, also von Amts wegen Vorsitzender des KOK. In den letzten Tagen vor dem 13. Dezember traf das KOK eine Reihe für das Funktionieren des Kriegszustands wesentlicher. So hat es u. a. die Militarisierung eines Teils der Volkswirtschaft beschlossen und Kommissare des KOK für alle wichtigen Institutionen auf zentraler und auf Wojewodschaftsebene sowie für die größeren Industriebetriebe und Institutionen, wie z. B. Universitäten, ernannt. Die Rolle des KOK während des Kriegszustands, d. h. bis zum 22. Juli 1983, war beschränkt, weil im Bereich der Exekutive sofort das sogenannte Direktoriat, ein von Jaruzelski ausgewählter Personenkreis, darunter drei Generäle, das Land regiert hat. Später hat das Politbüro des ZK seine Bedeutung zurückerlangt.
Eine wesentliche institutionelle Veränderung wurde nach der Unterzeichnung der am Runden Tisch ausgehandelten Abkommen eingeführt, da u. a. die Schaffung des Amtes eines Präsidenten der VRP vereinbart wurde. In Übereinstimmung mit der am 7. April 1989 geänderten Verfassung war der Präsident Oberbefehlshaber der Streitkräfte und gleichzeitig Vorsitzender des KOK. Mitte Juli wählte die Nationalversammlung (Zgromadzenie Narodowe) General Jaruzelski zum Präsidenten, der mit einem Erlass am 4. Oktober den Kreis der Mitglieder des KOK u. a. um den Chef der Präsidialkanzlei, die Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und des Innenministers, den Minister für Verkehr, Schifffahrt und Fernmeldewesen erweiterte. Das führte dazu, dass die Proportion zwischen den Vertretern der im Untergang begriffenen PVAP und denen der „Solidarność” im KOK völlig anders war als in der Regierung, an deren Spitze Tadeusz Mazowiecki stand, der während des Kriegszustands im Gefängnis war. Möglicherweise wollte General Jaruzelski aus dem KOK eine Art „Brückenkopf“ für ihm gegenüber loyale Politiker machen, ähnlich wie er das mit der Erweiterung der Präsidialkanzlei getan hat. Trotzdem waren die Veränderungen der Gesellschaftsordnung nicht mehr aufzuhalten. Zeichen dafür war nicht nur die Teilnahme derer, die noch vor kurzem „Staatsfeinde“ waren, an den Sitzungen des KOK, sondern auch die Bestätigung der „Verteidigungsdoktrin der Republik Polen“ vom 21. Februar 1990, die die aus dem Jahre 1985 stammenden „Grundlegenden Verteidigungsrichtlinien der VRP” („Węzłowe założenia obronne PRL”) ersetzte. Eine definitive Reform des KOK erfolgte jedoch erst nach dem Sieg Lech Wałęsas in den Präsidentschaftswahlen. Mit der Verordnung vom 31. Januar 1991 wurde das Sekretariat des KOK aufgelöst, an seine Stelle trat ein ziviles Büro der Nationalen Sicherheit (Biuro Bezpieczeństwa Narodowego), dass bei der Präsidialkanzlei angesiedelt wurde.
Man kann wohl sagen, dass das KOK seine Glanzzeit, also seine reale Bedeutung im Leben des Staates, in der Zeit zwischen 1967 und 1981 hatte, obwohl es als Koordinierungsorgan für Verteidigungsangelegenheiten noch 1989 aktiv war. Zuweilen sollten die Pressemitteilungen von den Sitzungen des Komitees die Gesellschaft und die Opposition einschüchtern. So kann man die Mitteilungen über die Sitzungen des KOK vom 20. August 1988 verstehen, als die Streikwelle anwuchs, oder vom 20. Mai 1989, zwei Wochen vor den für Polen entscheidenden Parlamentswahlen. Im Prinzip war das KOK eine Militär-, Regierungs- und Parteiinstitution. Wenn man aber bedenkt, dass die meisten Vertreter von Militär und Regierung gleichzeitig den höchsten Gremien der PVAP angehörten, kann man sagen, dass das Komitee eher ein Instrument in den Händen der kommunistischen Partei denn eine professionelle staatliche Institution war.
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Prof. Dr. Andrzej Paczkowski
Instytut Studiów Politycznych Polskiej Akademii Nauk, Collegium Civitas, Warszawa
Komitet Obrony Kraju w latach 1959-1991
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