Tschechoslowakei
Dr. Jaroslav Láník
Vojenský Historický Ústav, Prag, Tschechien

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Die Spitzengliederung des Verteidigungsressorts der Tschechoslowakei im Zeitraum 1945 – 1991

Nach der Befreiung der Republik entstand die Notwendigkeit, Behörden aufzubauen, die für die Vorbereitung und Gewährleistung der Verteidigung des Staates sowohl im Frieden als auch im Krieg zuständig waren. Das Aufeinandertreffen der einzelnen Konzeptionen und Ansichten hinsichtlich der Führung der Landesverteidigung äußerte sich auch in den zahlreichen Wechseln der höchsten Führungs- und Beratungsorgane. Neben den Bestrebungen, das sowjetische Führungsmodell durchzusetzen, kam es auch zur Aktivierung jener Institutionen, die es bereits zur Zeit der Ersten Republik gab. Die Suche einer optimalen Struktur dauerte von 1945 bis Anfang 1951, als völlig neue Behörden eingesetzt wurden und sich die Situation für einige Jahre stabilisierte. Auch in diesem Bereich bedeutete der kommunistische Umsturz im Februar 1948 einen grundsätzlichen Bruch, denn die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei setzte sich seit dieser Zeit dafür ein, die Landesverteidigung völlig in die Zuständigkeit der Parteiorgane zu überführen. Diese spiegelten auch die Entwicklung des kommunistischen Regimes wider, das, ohne sein Wesen zu ändern, einige Etappen durchlief – von der stalinistischen totalitären über die Reformetappe bis zur autoritären Etappe im Zuge der „Normalisierung“.

Bereits im April 1945 entstand beim Präsidium der Regierung ein Militärrat, dessen Aufgabe darin bestand, sich mit der Grundgliederung der Tschechoslowakischen Armee, dem militärpolitischen und militärökonomischen Charakter der Streitkräfte, der Erziehung und Bildung der Soldaten sowie mit Personalangelegenheiten zu befassen. In der Funktion des Vorsitzenden des Militärrates lösten sich die Stellvertretenden Ministerpräsidenten Josef David und Klement Gottwald ab. Als Mitglieder wurden der Minister für Nationale Verteidigung, Brigadegeneral Ludvík Svoboda, der Staatssekretär im Ministerium für Nationale Verteidigung, Oberst MikulᨠFerjenčík (auch diese Funktion knüpfte an die Tradition der Ersten Republik an und sollte die abgeschaffte Funktion des Generalinspekteurs der Streitkräfte   ersetzen), der Chef des Hauptstabes[] (Führungsstabes), Divisionsgeneral Bohumil  Boček, und der Innenminister, Václav Nosek, ernannt. Als Sekretär und Schriftführer wurde Major Jaroslav Procházka, der spätere Chef der Hauptverwaltung (Hauptabteilung) Erziehung und Bildung, eingesetzt.

Die Vorschläge des Militärrates unterlagen der Bestätigung durch die Regierung bzw. ihres Präsidiums. Der Präsident der Republik hatte jedoch, obwohl er Oberbefehlshaber der Streitkräfte war, gegenüber dem Militärrat keinerlei Befugnisse (er konnte Mitglieder des Militärrates weder ernennen noch abberufen und auch keine Berichte über behandelte Probleme einfordern). Präsident Dr. Eduard Bene¨ wollte jedoch seinen Einfluss auf die Entwicklung der Streitkräfte nicht aufgeben und berief über seine Militärische Militärkonferenzen ein, zu denen er den Minister für Nationale Verteidigung, den Chef des Hauptstabes und weitere Funktionsträger einlud. Diese Doppelgleisigkeit führte zu erheblichen Problemen, denn der Militärrat setzte den Aufbau der Streitkräfte nach sowjetischem Vorbild entsprechend dem Regierungsprogramm von Ko¨ice durch, während der Präsident der Republik in einigen Einheiten, und zwar besonders bei den Luftstreitkräften (der Luftwaffe), die Übernahme von Waffensystemen und Ausbildungsgrundsätzen aus dem Westen anstrebte. Im Januar 1946 wurde der Entwurf eines Regierungsbeschlusses erarbeitet, der den zukünftigen Zuständigkeitsbereich des Militärrates definierte. Dieser wurde jedoch abgelehnt und der Militärrat auf Beschluss des Präsidiums der Regierung aufgelöst. Dessen Aufgaben übernahmen das Präsidium der Regierung und das Ministerium für Nationale Verteidigung unter Hinzuziehung von Sachverständigen. Aber auch diese Lösung war nur von kurzer Dauer.

Bereits im Februar 1946 nahm das Generalsekretariat für Landesverteidigung seine Tätigkeit auf und bald darauf wurde der Oberste Landesverteidigungsrat wieder ins Leben gerufen. Dieser ging auf seinen gleichlautenden Vorgänger zurück, der auf der Grundlage eines Gesetzes über die Landesverteidigung von 1936 entstanden war. Dieses Gesetz blieb auch nach 1945 gültig. Der Oberste Landesverteidigungsrat der Nachkriegszeit wurde am 1. März 1946 gebildet, die Mitglieder wurden aber erst im Oktober unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Parlamentswahlen ernannt.

Vorsitzender des Obersten Landesverteidigungsrates wurde Ministerpräsident Klement Gottwald, Mitglieder wurden die Stellvertreter des Ministerpräsidenten Petr Zenkel, Jan ¦rámek, Ján Ursíny, Zdeněk Fierlinger und Viliam ¦iroký, der Minister fúr Nationale Verteidigung, Armeegeneral Ludvík Svoboda, der Innenminister, Václav Nosek, und der Staatssekretär im Ministerium für Nationale Verteidigung, Ján Lichner.

Die Aufgabe des Obersten Landesverteidigungsrates bestand vor allem darin, die Vorbereitung erforderlicher wirtschaftlicher Maßnahmen für den Verteidigungsfall (Gewährleistung der Produktion, Regulierung des Verbrauchs, Versorgung u. ä., Zuteilung von Arbeitskräften im Verteidigungsfall) zu erörtern, den Kriegshaushalt zu erarbeiten usw. Gleichzeitig behandelte er den stufenweisen Ausbau und die Ausrüstung der Streitkräfte, die Verhältnisse im Grenzgebiet und begutachtete vom Standpunkt der Landesverteidigung Dokumente und  Unterlagen, die der Minister für Nationale Verteidigung oder andere Minister vorgelegt hatten. Auch der Oberste Landesverteidigungsrat bestand nicht lange, er kam im Zeitraum vom 23. Oktober 1946 bis Juni 1947 nur zu drei Sitzungen zusammen, denn dessen Tätigkeit wurde durch die anwachsenden Widersprüche zwischen den Parteien der Nationalen Front gelähmt. Er sollte vor allem Fragen der Landesverteidigung behandeln, ehe diese anderen Gremien vorgelegt werden und die Zustimmung aller Parteien der Nationalen Front im Voraus sicherstellen. Dieser Zustand, dass einzelne Mitglieder die Parteien der Nationalen Front vertraten, war nach dem kommunistischen Umsturz im Februar 1948 nicht mehr aufrechtzuerhalten. Gemeinsam mit dem Obersten Landesverteidigungsrat wurde das Inter-ministerielle Kollegium für Landesverteidigung als dessen Arbeitsorgan gegründet. Die einzelnen Kommissionen dieses Kollegiums arbeiteten bis 1950. Der Oberste Landesverteidigungsrat und das Interministerielle Kollegium für Landesverteidigung wurden erst mit dem Gesetz Nr. 40/1961 des Gesetzblattes über die Landesverteidigung formell aufgelöst.

Das erste Organ, das den Einfluss der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei auf die Sicherung der Landesverteidigung und den Aufbau der Streitkräfte unmittelbar umsetzen sollte, war der Militärausschuss beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei. Über dessen Bildung entschied die Parteiführung Anfang 1949, sie beauftragte den Militärausschuss mit der Lösung der Hauptfragen der Landesverteidigung und des Aufbaus der Streitkräfte. Mitglieder waren K. Gottwald, R. Slánský, L. Svoboda, die Generale ¦. Drgač, J. Procházka, B. Reicin und Vladimír Drnec, später auch A. Zápotocký, A. Čepička, Jaromír Dolanský und Jan Satorie.

Schon 1949 begann nach sowjetischem Muster die Vorbereitung eines Gesetzes über die Landesverteidigung, das die Grundlage für umfangreiche Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung und der Verteidigungsfähigkeit sichern sollte. Höchstes Organ sollte der Staatliche Ausschuss für Heimatverteidigung mit dem Präsidenten der Republik an der Spitze werden.

Da sich der Militärausschuss nicht bewährt hatte,nahm zwischenzeitlich der Oberste Landes- verteidigungsrat seine Tätigkeit wieder auf. Dessen Zusammensetzung gab Präsident K. Gottwald im Februar 1950 bekannt. Vorsitzender wurde Ministerpräsident Antonín Zápotocký, Mitglieder waren Verteidigungsminister L. Svoboda, Innenminister V. Nosek und Justizminister A. Čepička, der Vorsitzende des Staatlichen Planungsamtes, Jaromír Dolanský, der Vorsitzende des Wehr- und sicherheitspolitischen Ausschusses der Nationalversammlung und Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, Rudolf Slánský. Schon bei der ersten Zusammenkunft kam es zur Abberufung führender Militärs einschließ- lich des Ministers für Nationale Verteidigung (Ludvík Svoboda wurde von Antonín Čepička abgelöst). Um die Jahresmitte kam der Minister für Nationale Sicherheit, Lud’ka Kopřiva hinzu. An allen Sitzungen nahm K. Gottwald teil, er leitete sie auch. In der Regel nahm auch Generaloberst Gusjew, Oberster sowjetischer Militärberater beim Minister für Nationale Verteidigung, teil.

Obwohl der Oberste Landesverteidigungsrat als staatliche Einrichtung gegründet worden war, war er in Wirklichkeit ein Organ der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, denn seine Mitglieder waren gleichzeitig in hohen Parteifunktionen tätig. Die Erneuerung des Obersten Landesverteidigungsrates und die Vorbereitungen auf die Bildung des Staatlichen Ausschusses für Heimatverteidigung führten Anfang 1950 zur Auflösung des Generalkomi- tees für Landesverteidigung und des Interministeriellen Kollegiums für Landesverteidigung, die bereits vor Februar 1948 tätig waren. Deren Aufgaben im Bereich der Koordinierung der Rüstungsproduktion und anderer wirtschaftlicher Fragen übernahm das Staatliche Planungsamt. Hier wurde die Gruppe Verteidigungswirtschaft eingerichtet, die bald darauf zur Verwaltung Militärwirtschaft des Staatlichen Planungsamtes umgewandelt wurde.

Nach der Entscheidung, den Staatlichen Ausschuss für Heimatverteidigung nicht einzurich- ten, wurde im Dezember 1950 die Tätigkeit des Obersten Landesverteidigungsrates beendet und die Lösung von Fragen der Landesverteidigung und des Streitkräfteaufbaus ging auf das Politische Sekretariat und das Präsidium des ZK der KPČ über. Damit war die Tschechoslowakische Armee der Führung der Kommunistischen Partei direkt unterstellt.

Die Art und Weise der Leitung des militärischen Aufbaus war im Vergleich mit der Ersten Republik weit weniger durchdacht und rechtlich verankert und deshalb konnten die Verbindungen und Zuständigkeiten der einzelnen Komponenten nicht ausreichend geklärt werden.

Mit einem Beschluss des Politbüros des ZK der KPČ vom 20. September 1954 wurde der Aufgabenkreis festgelegt, den das Politbüro und das Sekretariat des ZK der KPČ zu lösen hatten. Dazu gehörten auch die Sicherheit und die Verteidigung des Staates. Auf Beschluss des Politbüros des ZK der KPČ vom 2. April 1957 wurde der Militärausschuss für Verteidigung als Organ des Politbüros für die Führung der Landesverteidigung gebildet. Er war von 1957 bis 1968 tätig, in dieser Zeit waren die verfassungsmäßigen und staatlichen Organe einschließlich des Präsidenten der Republik, der Regierung und der Nationalversammlung bei der Behandlung von Fragen der Landesverteidigung in den Hintergrund gedrängt bzw. von Entscheidungen vollständig ausgeschlossen. Der Beschluss des Politbüros der KPČ definierte eindeutig: „… entsprechend den Richtlinien des Politbüros untersucht und bewertet das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei den gegenwärtigen Stand der Verteidigungsfähigkeit des Staates insgesamt und trifft auf der Grundlage von Schlussfolgerungen Grundsatzentscheidungen, die auf die Koordinierung aller Vorbereitungen des Staates zur Verteidigung in allen Tätigkeitsbereichen des Staates und der Partei gerichtet sind.“ Der Militärausschuss für Verteidigung beschloss auch, welche Dokumente und Unterlagen der Regierung vorgelegt werden, und zwar waren das nur solche, bei denen es das Gesetz so verlangte oder es „zweckmäßig“ war.

Der Grundsatz der Führung der Streitkräfte durch die Partei wurde nochmals eindeutig durch den XI. Parteitag der KPČ bestätigt. Im Beschluss des Politbüros des ZK der KPČ vom 23. Juni 1959 wurde die Notwendigkeit  der „Vertiefung und der Verwirklichung der führenden Rolle der Partei in Bezug auf die Tätigkeit der Organe der Landesverteidigung“ verkündet. Durch diesen Beschluss wurden die Abteilung Verteidigung beim entsprechenden Amt des Präsidiums der Regierung (!) und die Kommissionen der Räte der Bezirks- und Kreisnationalausschüsse für Verteidigungsangelegenheiten aufgelöst (eingerichtet auf Beschluss der Regierung Nr. 477/1955) und Verteidigungsausschüsse bei den Bezirks- und Kreisausschüssen der KPČ sowie beim Stadtausschuss der Stadt Prag gebildet. Neben dem Militärausschuss für Verteidigung wurden die wichtigsten Grundsatzfragen weiterhin vom Politbüro des ZK der KPČ entschieden bzw. gelöst.

Der Militärausschuss für Verteidigung entschied insbesondere über die Friedens- und Kriegssollstärke der Streitkräfte, den Ausbau der Volkswirtschaft aus Sicht der Landesverteidigung und deren Mobilmachung im Falle eines Krieges, die militärische und die politisch-moralische Vorbereitung der Bevölkerung auf die Verteidigung, die Vorbereitung des Staatsgebietes sowie über die Zivilverteidigung und den Zivilschutz der Bevölkerung vor Massenvernichtungswaffen. Die entsprechenden Dokumente und Unterlagen wurden insbesondere vom Kollegium und vom Militärrat des Ministers für Nationale Verteidigung vorbereitet, gelegentlich auch von Stellen, die dem Verteidigungsministerium und dem Chef des Generalstabes sowie der Staatlichen Plankommission unterstanden. Materialien von grundsätzlicher politischer oder volkswirtschaftlicher Bedeutung legte der Militärausschuss für Verteidigung dem Politbüro des ZK der KPČ vor. Dieses entschied auch über die Ausbildung der Tschechoslowakischen Volksarmee (Dokumente für die Einsatzausbildung der Truppen und Stäbe, die Ausbildung von Reservisten, die politische Arbeit in der Tschechoslowakischen Volksarmee, die Gliederung und Führung der Tschechoslowakischen Volksarmee, die Versorgung der Angehörigen der Streitkräfte sowie für die Außenbeziehungen usw.).

Vorsitzender des Militärausschusses für Verteidigung war der 1. Sekretär des ZK der KPČ, weitere Funktionsträger der Partei wie der Sekretär des ZK der KPČ für ideologische Fragen, der Ministerpräsident, der Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Vorsitzende der Staatlichen Plankommission, der Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Vertreter im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe sowie Minister, deren Ressorts für die Verteidigungsfähigkeit des Staates verantwortlich waren oder diese gegebenenfalls beeinflussten, vor allem das Ministerium für Nationale Verteidigung und das Innenministerium. Der Militärausschuss für Verteidigung hatte sehr enge Beziehungen zur staatlichen Verwaltungsabteilung (geleitet von M. Mamula) des ZK der KPČ, die zuerst als 14. Abteilung, ab 1960 als 13. Abteilung und ab 1961 als XI. Abteilung, ab 1965 als VIII. Abteilung des ZK der KPČ bezeichnet wurde. Leiter dieser Abteilung des ZK der KPČ war der Sekretär des Militärausschusses. Die letzte Sitzung des Militärausschusses fand offensichtlich am 26. Oktober 1967 statt (die entsprechenden Unterlagen blieben nicht erhalten). Der Militärausschuss war zwar als Organ des Staates und der Partei tätig, dessen Beschlüsse waren jedoch für die staatlichen und Wirtschaftsorgane rechtlich nicht verbindlich.

Die unmittelbare Führung der Streitkräfte durch die Organe der KPČ unterstrich nochmals der Beschluss des ZK der KPČ vom 14. Februar 1967: „Vertiefung der führenden Rolle der Partei als Grundlage des Verteidigungssystems und als wichtigste Führungsrichtlinie. Die führende Rolle der Partei ist in diesem Bereich vor allem durch die Optimierung der Arbeit des Militärausschusses für Verteidigung weiter zu vertiefen, der als Partei- und Staatsorgan auf allen Gebieten des Verteidigungssystems im Rahmen seiner Zuständigkeiten Führungsfunktion ausübt.“ Die Bestrebungen, den Einfluss des Präsidiums der Regierung und des Ministerpräsidenten bei der Festigung der Verteidigungsfähigkeit des Landes, die dem Militärausschuss für Verteidigung im Januar 1965 vorgetragen worden waren, wurden damit abgelehnt, dass diese Frage im Rahmen der Erörterung der Rolle der Regierung  gelöst werde (Beschluss des Präsidiums des ZK der KPČ vom 5. Januar 1965).

Im Zusammenhang mit der Neuregelung der zentralen Organe wurde seit 1967 auch an einer Neuregelung der staatlichen Ordnung auf dem Gebiet der Landesverteidigung gearbeitet. Es wurde festgestellt, dass die „unmittelbare Führung der Landesverteidigung durch die Parteiorgane zur Folge hatte, dass die Nationalversammlung und die Regierung in diesem Bereich keine verfassungsmäßigen Befugnisse hatten und praktisch von der Entscheidung von Grundfragen der Landesverteidigung ausgeschlossen waren. Sie waren auch von der Entscheidung von Grundfragen ausgeschlossen, die sie im Rahmen ihrer Zuständigkeit in hoher Qualität hätten entscheiden können, während der Militärausschuss für Verteidigung des Präsidiums des ZK der KPČ [d. h. die Militärkommission des ZK der KPČ]  Entscheidungen mit mangelnder Sachkenntnis traf. Die Verantwortung der staatlichen Organe wurde weiter verletzt und deren  rechtliche Einflussnahme bei Leistungen im Bereich der Landesverteidigung unmöglich gemacht.“

Eine Lösung war die Einsetzung eines ressortübergreifenden Sonderorgans für Verteidigung per Verfassungsgesetz oder die vollständige Übertragung der Entscheidungsgewalt in Verteidigungsfragen auf die obersten Staatsorgane (Nationalversammlung, Präsident der Republik und Regierung). Per Gesetz Nr. 10/1969 des Gesetzblattes wurde mit Wirkung vom 1. März 1969 der Landesverteidigungsrat geschaffen. Dabei ist man davon ausgegangen, dass die Befugnisse des Präsidenten der Republik nicht angerührt werden. Ihre Befugnisse auf dem Gebiet der Landesverteidigung werden wieder die Nationalversammlung und vor allem ihr Wehr- und sicherheitspolitischer Ausschuss ausüben, der alle Gesetzgebungsanträge vom Standpunkt der Sicherung der Landesverteidigung begutachten und den wirtschaftlichen Umgang mit Mensch und Material in den Streitkräften gründlich kontrollieren sollte.

Die Aufgabe des Landesverteidigungsrates bestand vor allem darin, die Grundkonzeption für den Aufbau des Verteidigungssystems der ČSSR und insbesondere die Entwicklung der Streitkräfte festzulegen, die Hauptmaßnahmen der Zivilverteidigung und die Vorbereitung der staatlichen Organe sowie der Wirtschaft auf den Kriegsfall zu genehmigen, die Sicherstellung durch die Wirtschaft zu erörtern, die Grundidee des Einsatzplanes für die Landesverteidigung zu bestätigen, Maßnahmen bezüglich der Führung im Kriegsfall vorzuschlagen, Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft des Staates bei Bedrohung des Staates einzuleiten und zwar noch vor Verhängung des Kriegszustandes sowie während des Krieges Entscheidungen über erforderliche Maßnahmen zu treffen. Der Landesverteidigungsrat war befugt, den entsprechenden föderalen Ministerien und föderalen zentralen Organen Aufgaben zu erteilen und von ihnen Berichte und Vorschläge über die Vorbereitung und Organisation der Verteidigung der ČSSR anzufordern. Der Landesverteidigungsrat war verpflichtet, der Föderalen Versammlung über die Vorbereitung und den Stand der Verteidigung zu berichten. Die Föderale Versammlung genehmigte auch die Maßnahmen des Landesverteidigungsrates. Bei Missbilligung verlor die Entscheidung des Landesverteidigungsrates ihre Gültigkeit.

Der Landesverteidigungsrat setzte sich aus dem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter sowie weiteren vier bis acht Mitgliedern zusammen, die der Präsident der Republik ernannte und abberief. Sekretär des Landesverteidigungsrates war der Chef des Generalstabes, die Funktion des Sekretariats übte der Generalstab des Ministeriums für Nationale Verteidigung aus. Der Präsident der Republik hatte das Recht, die Einberufung des Landesverteidigungsrates zu fordern, an seinen Sitzungen teilzunehmen und den Vorsitz zu führen. Weiterhin hatte er das Recht, dem Landesverteidigungsrat Vorschläge zu unterbreiten, Berichte anzufordern sowie zu erörtern, welche Aufgaben zu lösen sind.

Der Landesverteidigungsrat war in beiden Republiken tätig. Die jeweiligen Vorsitzenden, Stellvertreter und Mitglieder ernannte und berief der Vorsitzende des Föderalen Landesverteidigungsrates ab. Der Verteidigungsrat der Tschechischen Sozialistischen Republik war dem Tschechischen Nationalrat, der Verteidigungsrat der Slowakischen Sozialistischen Republik dem Slowakischen Nationalrat gegenüber verantwortlich. Verteidigungsräte gab es auch bei den Nationalausschüssen.

Das Gesetz über den Landesverteidigungsrat wurde mit dem Gesetz Nr. 160/1990 des Gesetzblattes novelliert. Sekretär des Landesverteidigungsrates wurde der Direktor der Abteilung Verteidigung und Sicherheit des Präsidialamtes der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik . Die Abteilung Verteidigung und Sicherheit diente als Sekretariat. Nach dem Gesetz Nr. 133/1991 des Gesetzblattes waren der Verteidigungsrat der Tschechischen Republik und der Verteidigungsrat der Slowakischen Republik berechtigt, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten den Ministerien und übrigen zentralen Organen der staatlichen Verwaltung der Republik und den in den Republiken eingerichteten Verteidigungsräten verbindliche Aufgaben zu stellen. In Prag, Bratislava und in den Kreisen und Städten wurden Verteidigungsräte gebildet, deren Vorsitzende, Stellvertreter und übrigen Ratsmitglieder wurden vom Vorsitzenden des Verteidigungsrates der entsprechenden Republik ernannt und abberufen.

Der Landesverteidigungsrat hatte Ende 1989 neun Mitglieder (mit Gustáv Husák 10). Milo¨ Jake¨ (Generalsekretär der KPČ), Armeegeneral Ing. Milan Václavík (Minister für Nationale Verteidigung) und Generalleutnant Franti¨ek Vincl wurden Ende 1989 von Gustáv Husák aus ihrer Funktion abberufen, und am 9. Februar wurden Karel Urbánek (der neue General- sekretär der KPČ), Ladislav Adamec (Ministerpräsident der Föderalen Regierung), Ignác Janák (1. Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei der Slowakei), Jaromír ´ák (Vorsitzender der Staatlichen Plankommission), Rudolf Hegenbart (Leiter der 13. Abteilung des ZK der KPČ) und Franti¨ek Pinec (föderaler Innenminister) abberufen.

Neu ernannt wurden Generaloberst Ing. Miroslav Vacek (Verteidigungsminister), Ing. Franti¨ek Pinc (KPČ), Marian Čalfa (Vorsitzender der föderativen Regierung), Valtr Komárek (Stellvertretender Vorsitzender der föderativen Regierung), Vladimír Dlouhý (Stellvertretender Vorsitzender der föderativen Regierung), Milan Čič (Vorsitzender der slowakischen Regierung), Jiří Dienstbier (Außenminister), Richard Sacher (föderaler Innenminister), Petr Pithart (Vorsitzender der tschechischen Regierung) und Jiří Kři¸an (Berater des Präsidenten).




In der Übersetzung werden die zu jener Zeit nach sowjetischem Muster üblichen historischen Bezeichnungen von Führungsgremien verwendet. Adäquate, in der Bundeswehr gebräuchliche Bezeichnungen sind zum besseren Verständnis bei ihrem ersten Auftauchen in Klammern nachgestellt – Anm. d. Übers.


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Fotograf: Thieme, Wolfgang
Quelle: Bundesarchiv
Signatur: Bild 183-K0614-0006-003
Dr. Jaroslav Lanik

Voenský Historycký Ústav, Praha

Nejvy¨¨í orgány obrany státu v Československu v letech 1945 – 1991

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